Gegen vier Uhr morgens werde ich wach, weil eine unaufhörlich surrende Stechmücke um meinen Kopf fliegt. Das elende Vieh macht mich verrückt mit seinem leisen, aber unüberhörbaren Surren. Irgendwann reicht es mir, ich stehe auf, hole die übrige Flasche Anti-Brumm und sprühe alles ein, was mir in die Finger kommt. Eine herrliche Ruhe herrscht danach. Tanala kann leider nicht mehr einschlafen, ich dafür umso besser.
Zwei Stunden später stehe ich auf, um zum Frühstück zu gehen. Zusammen mit denen, die heute nach Hause fliegen werden, fahre ich danach zum Supermarkt, etwa 20-30 Minuten vom Hotel entfernt. Hier kann man z.B. sehr gut eingelegten Peffer als Konserve, Bananenchips oder THB-Dosen kaufen. Übrigens, wo wir gerade beim Bier sind: Man darf offiziell 16 Liter Bier exportieren. Leider ist mein Rucksack dafür wirklich zu klein. Nach dem Supermarktbesuch geht es weiter zum Handwerkermarkt. Im Gegensatz zum letzten Jahr sind dieses Mal kaum aufdringliche Verkäufer dabei – und die, die da sind, sind allesamt sehr freundlich und zuvorkommend. Und es gibt sooo viele tolle Sachen hier! Nach nur einer Stunde habe ich unter anderem wunderschöne kleine Schüsselanhänger aus Holz eingekauft, die kleine bunte Chamäleons darstellen. Es gab nur diese paar, und es waren die einzigen auf dem ganzen Markt, bei denen sich absolut nichts handeln ließ (und das ist reichlich ungewöhnlich, denn Handeln wird eigentlich überall vorausgesetzt). Neben vielen anderen Kleinigkeiten habe ich aber das, was ich ursprünglich auf meiner Mitbringsel-Liste hatte, noch gar nicht bekommen. Ich muss also später nochmal hin. Nach besagter Stunde müssen wir los, denn der Flieger ruft. Ich verabschiede mich von meiner Gruppe, denn ich habe noch ein paar Tage Madagaskar vor mir.
Wenig später warten wir auf die Ankunft der nächsten Gruppe, die in den nächsten drei Wochen eine Tour durch den Norden der Insel machen wird. Zuerst aber fahren auch sie nach Andasibe, und da werde ich noch dabei sein. Wir stehen in der Ankunftshalle. Die Ankünftlinge sehen größtenteils ziemlich geschafft aus. Wir wissen nicht von allen, wie sie aussehen, nur die Namen stehen auf einer langen Liste – im Zweifel erkennen die neuen Gäste am T-Shirt, wo sie hingehören. Zwar rennen jede Menge Leute blindlings an uns vorbei, aber nach und nach sammelt sich die Gruppe. Schließlich sind, nachdem wir kurz einen vermeintlich fehlenden Gast gesucht haben, der aber gar nicht fehlte, alle da. Gemeinsam steigen wir zur Christian und Rapha in den Bus und zurück zum Hotel Raphia. Während die einen ihre Reisekosten zahlen, können die anderen schonmal Geld tauschen. Ich trinke erstmal ein Bier und tausche eine kleine Summe, die ich später noch auf dem Handwerkermarkt auszugeben gedenke.
Noch einmal fahren Christian und Rapha Tanala und mich (ok, und noch ein paar andere) zum Handwerkermarkt, die madagassische Wirtschaft muss schließlich unterstützt werden. Viele, viele Tüten, eingerollte Batiken, Blechtassen, bemalte Schnapsgläschen, Gecko-Tücher und Lemurenfiguren später ist der halbe Handwerkermarkt leer, und ich habe einen sehr erfolgreichen Tag hinter mir. Na gut, leer ist der Markt noch lange nicht. Aber zumindest waren alle zufrieden, wir haben nicht zuviel und nicht zu wenig gehandelt, faire Preise gezahlt und als Gegenwert wirklich tolle Sachen erhalten. Wie ich ein liebevoll aus einer alten Blechdose gebasteltes kleines THB-Taxibrousse in meinem Rucksack zurück nach Deutschland befördern soll, weiß ich allerdings noch nicht. Dieses Jahr habe ich auch zwei der wunderschönen, aus mühselig vielen kleinen Einzelteilen zusammengesetzten Holzschachteln mit Tim-und-Struppi-Motiv mitgenommen, es sind kleine Kunstwerke. Etwas ganz Neues gibt es auf dem Markt auch: Aus THB-Dosen und Kunstleder sorgfältig genähte Basecaps. Wenn man die in der Sonne trägt, kann man wahrscheinlich Spiegeleier drauf braten. Auch die Hütten mit den wunderschönen dunklen Holzstatuen finden wir wieder. Ein paar Hütten weiter gibt es Produkte der Krokodilfarm in Tana zu kaufen, darunter ausgestopfte Füße und sogar ganze Krokodile. In einem Haufen Präparate finde ich auch einige sehr schlecht präparierte Chamäleons, schwarze, gruselig aussehende Dinger in unnatürlicher Haltung, bei denen man nur noch mit viel Mühe die ursprüngliche Art erkennen kann. Die sind im Gegensatz zu den Krokodilprodukten sicherlich nicht ganz legal hier, aber hier kauft sowieso niemand von uns ein.
Am Abend entschließen wir uns, bei „Gastropizza“ zu essen, eine Pizzakette in Tana mit einer ganzen Menge Ventilatoren an der Decke und geschnitzten Holzstelen zwischen den Tischreihen. Es ist eine Ausnahme, aber die Lust auf Pizza nach drei Wochen Reis und Zebu ist einfach groß. Auf Sauberkeit achten sie in diesem Restaurant sehr, der Koch trägt sogar einen Mundschutz, als er kurz aus der Küche schaut. Schnell sind Stühle und Tische zu einer langen Tafel zusammengeschoben. Mika und Augustin sind extra zum Abendessen gekommen, und setzen sich zu uns. Nicht nur europäischen Geschmack hat die hiesige Pizza, sie ist auch für madagassische Verhältnisse extrem schnell fertig. Ich schaffe nur eine halbe, aber die schmeckt tatsächlich auch fast wie eine Pizza schmecken muss. Fotos der letzten drei Wochen werden herumgezeigt, man unterhält sich, lacht und es ist ein schöner Abend. Nicht lange dauert es, dann zieht es alle Richtung Bus. Die Neuankömmlinge sind geschafft von der Reise und sehr müde. Eine halbe Stunde noch sitze ich mit Tanala und Marco in der Hotellobby, dann will ich auch schlafen gehen.
Leider wird daraus erstmal nichts, denn der Schnapper der Tür unseres Zimmers ist abgebrochen. Die Tür bleibt trotz Ruckeln und Rütteln verschlossen. Tanala ruft eine der Angestellten, die sich ihrerseits mit dem Schlüssel abmüht, die Tür aber nicht aufbekommt. Schließlich kommt der Koch und mit Hilfe eines großen Messers und einer ganzen Weile Fummelei ist die Tür irgendwann doch noch offen. Der Schnapper wird einfach komplett abgebrochen, denn zum Festkleben, damit er nicht kaputt nach vorne schnappt und erneut hängenbleibt, fehlt uns gerade das Klebeband. Gute Nacht.