Irgendwann relativ spät stehe ich auf. Es ist warm, der Sand unter meinen Füßen ist längst aufgeheizt. Die Wellen des Meeres schwappen sanft an den Strand und sind gerade im Begriff, zu verschwinden. Etliche Mynahs, mittelgroße schwarze Vögel, die mit den Beos verwandt sind, krähen von den Dächern des Nachbarhauses. Im Restaurant entdecke ich niemanden, dafür draußen unter einem Dach direkt am Strand. Alle sind längst am frühstücken. Ich geselle mich dazu. Es gibt Croissants, leckeren Obstsalat und ein sehr schweres, keksartiges Gebäck. Eier müssen erst aus dem Dorf geholt werden, weil die vorhandenen bei der Hitze schlecht geworden sind.
Nach dem Frühstück ist Chillen angesagt. Heute gibt es kein Programm, also ist Entspannung am Strand angesagt. Etliche schöne Taggeckos sind auf den Holzbalken der Hotelveranda unterwegs. Die Mynahs laufen inzwischen auf Boden und Holzdach herum und wiederholen ununterbrochen eine sehr kurze Melodie. Ob man denen vielleicht die Titelmelodie von Die Drei ??? beibringen kann? Ein paar Männer buddeln an den Wegen des Hotelgeländes Sand weg. Dann tragen sie ihn säckeweise an den Strand. Welcher Sinn da hinter steckt, wird mir auch in den nächsten Stunden nicht klar.
Gegen Mittag kommt das Meer zurück. Beim Mittagessen mit sehr leckerem Fisch und Riesenportionen Nudeln entdeckt Lars, dass die Termiten hier wie schon vermutet enorm aktiv sind. Sie transportieren winzige Fischstückchen quer über den ganzen Tisch und dann einen Holzpfosten nach oben Richtung Dach.
Irgendwann am Mittag kommen die Besitzerin des Hotels, eine dunkelhaarige ältere Frau, und ihr Sohn, zu uns herüber. Sie haben gehört, dass ich Tierarzt bin. Ob ich ihren Hund mal anschauen kann? Ja, ich kann schon, nur habe ich wenig Medikamente dabei… ich folge den beiden zu einem großen, weißen Haus. Hinter dem Haus geht es eine schmale Treppe nach oben, schon stehe ich im Wohnzimmer der Leute. Am Boden liegt ein schwarzer Welpe, schon in Seitenlage. Er freut sich noch und versucht mit dem Schwanz zu wedeln, aber eigentlich ist er dafür schon zu schwach.
Nach relativ kurzem Anschauen ist klar: Mit 41,8° Fieber und blutigem Erbrechen seit mehreren Tagen stehen die Chancen wirklich schlecht. Der Hund ist nicht geimpft, hat keinerlei Zecken- oder Mückenschutz und Infektionskrankheiten gibt es hier reichlich. Die Besitzer sind sich nicht sicher, ob der Welpe vielleicht irgendetwas gefressen hat, was jetzt im Darm feststeckt. Eigentlich müsste man den Welpen an eine Infusion hängen, aber es gibt keine. Und sollte er einen Darmverschluss haben, hilft nur eine Operation. Der Sohn des Hotelbesitzers lässt sich von mir aufschreiben, was wir brauchen. Dann fährt er los Richtung Fenoarivo, wo es eine Apotheke und ein sehr kleines Krankenhaus gibt. Er wird gute drei Stunden brauchen, weil die Straße so schlecht ist. Ich behandle den Welpen notdürftig und versuche, das Fieber zu senken – aber eigentlich ist jetzt schon klar, dass die Versorgung nicht ausreichen wird. Der Sohn wird zu spät zurückkommen. Der Welpe stirbt, bevor sein Herrchen mit den benötigten Medikamenten, Infusionsbesteck und anderen Hilfsmitteln aus Fenoarivo zurückkommt.
Den Rest des Nachmittags verbringe ich mit Schwimmen – mehr Dümpeln – im Meer. Im Sonnenuntergang spielen wir Pétanque am Strand, zwischen aufgeworfenen Sandhügeln. Am Horizont zieht ein Gewitter auf, es blitzt immer wieder.
Nach dem Abendessen verschwinde ich relativ schnell ins Bungalow. Eine Termitenstraße reicht quer übers Bett. Außerdem gab es heute Mittag einen gefundenen Skolopender im Glas zu bewundern, weshalb ich mal alle Bettpfosten mit AntiBrumm einsprühe. Ich bin keine fünf Minuten im Bungalow, da fällt der Strom aus. Ein bisschen froh bin ich schon, morgen Mahambo wieder zu verlassen. Und die Hitze, die Termiten und den toten Welpen.