Der Tag beginnt früh und endet spät. Um kurz vor vier Uhr morgens bringt das Taxi Tanala, Chrissi und mich zum Flughafen Frankfurt. Wo wir dann – wie immer etwas zu früh – eine gute Stunde vor dem verwaisten Air France-Schalter warten. Seit zwei Jahren ist die vor mir liegende Reise geplant und immer wieder verbessert worden. Entsprechend lange freue ich mich schon darauf. Nur gute Freunde, eine bisher gute Regenzeit auf Madagaskar verspricht bereits viele Tiere und als Sahnehäubchen kommt Frank Glaw mit, seines Zeichens führender Herpetologe für Madagaskar und vermutlich an 90% aller Veröffentlichungen zu neu beschriebenen Reptilien und Amphibien der Insel in den letzten 20 Jahren beteiligt. So weit, so gut. Ich muss aber erstmal auch nach Madagaskar kommen. Das elende Corona-Virus hat bereits erste Spuren in Europa gelassen. Noch hält es aber niemand für so richtig möglich, dass die Pandemie Europa wirklich etwas anhaben wird (Nachtrag: Wie man sich täuschen kann…). Mit Kontrollen ist es am Flughafen allerdings nicht weit her. Um nicht zu sagen: Es gibt keine. Raus darf jeder, der will. Und ich will gerne in meinen wohlverdienten Urlaub fliegen.
Der kleine Flieger verspätet sich um eine gute Stunde, was in Paris zu einem sportlichen Einsatz zum Erreichen des Langstreckenfliegers führt. Gate M31 ist übrigens am Arsch der Welt, vor allem, wenn man am letzten Gate des maximal entferntesten Terminals von Charles de Gaulles ankommt. Während die Zeit uns davon läuft, dürfen wir noch diverse Kontrollen durchlaufen und neue Boardtickets ausdrucken. Was natürlich dauert, so ein Automat ist nicht das schnellste Medium des Flughafens. Zum Glück braucht der Bus von unserem Terminal zu Terminal 2 nur sechs Minuten. Als das ersehnte Gate endlich in meine Sichtweite kommt, sind 70% der Fluggäste längst im Flieger, das Boarding hat schon vor einer Dreiviertelstunde begonnen. Reste von Zone 4 und 5 sind noch übrig. Wir sind aber Zone 2 – eigentlich gewesen. Also drängeln wir uns dank einer freundlichen Stewardess an allen vorbei, um dann ein wenig glückselig endlich im richtigen Flieger zum richtigen Ziel zu sitzen. Und der Flug ist schon mal grandios. Ein superruhiger Flug mit mehrheitlich allerbester Aussicht von meinem Fensterplatz aus. Ich kann die Küste Kroatiens bewundern, die nubische Wüste, Gebirge und Meere. So eine fantastische Aussicht fast ohne Wolken hatte ich noch nie. Wahnsinn!
Die Landung in Antananarivo irgendwann nach Mitternacht ist unglaublich sanft. Wie eine Feder schwebt der Flieger auf die Landebahn. Es gibt kein Gerüttel, keine Gewitterwolke wie sonst gerne mal um diese Jahreszeit im Hochland, keinen Holperer, nix. Es ist stockfinster draußen, nur das Flugzeug und seine direkte Umgebung sind in das gleißende Licht großer Scheinwerfer getaucht. Und es ist warm. Richtig schön warm. Ich steige die Treppe herunter auf die Landebahn und folge den übrigen Passagieren der Maschine in Richtung der Ankunftshalle. Aus irgendeinem Grund sind Tanala, Chrissi und ich die letzten in der ewig langen Schlange. Eine kleine Madagassin mit weißem Mundschutz misst mit einem Thermometer Temperaturen auf der Stirn. Bei den meisten Leuten muss sie sich dazu auf die Zehenspitzen stellen. Außerdem wurde im ausgeteilten Sérvice sanitaire und Visums-Wisch diesmal nachgefragt, ob man kürzlich in China oder Italien gewesen sei. Oder sonst irgendwo, und wenn ja, wo. Die Zeilen in diesem Zettelchen werden übrigens auch jedes Jahr kleiner. Ein Herr neben der Dame, die Temperatur misst, ebenfalls mit Mundschutz, kontrolliert die Pässe. Und fragt nochmal mündlich nach, ob ich in Italien oder China war. War ich nicht. Allerdings hat dem Herren wohl auch niemand gesagt, dass er einen Italien-Aufenthalt in meinem Reisepass auch nicht finden würde, wenn ich dort gewesen wäre.
Eine gute Stunde später verlasse ich, ausgerüstet mit Visum und meinem Gepäck, die Ankunftshalle. Das Gepäck möchte noch eine Runde durch die Durchleuchtungsanlage drehen, den Bildschirm dazu beachtet allerdings niemand. Ich schiebe meinen Kuli samt zwei Koffern und Fotorucksack durch die Türen. Der Flughafen dahinter ist erstaunlich leer. Und auch draußen vor dem Gebäude sind kaum Menschen zu sehen. Wohl aber eine kleine Eule auf einer Laterne, die leise ruft und erschrocken davon flattert, als unter ihr der Motor eines Autos angelassen wird. Dimby und José begrüßen uns herzlich. In Windeseile sind wir mit dem Auto im Hotel. Zum Glück gibt es noch eine Willkommensrunde Samboza und Bier. Endlich angekommen! Ich hätte es in den letzten Wochen nicht mehr für möglich gehalten. Dann falle ich ins Bett.