Als ich aufstehe, sind schon jede Menge Boote hinter der Bucht unterwegs. Es ist längst hell draußen, der Himmel ist blau und das Meer glitzert in der Sonne. Libellen fliegen durch die Luft direkt vor der Terrasse. Die Terrassentür war die ganze Nacht offen, ein schöner Wind hat für angenehme Temperaturen gesorgt. Und der Ventilator war natürlich auch nicht übel. In Flip-Flops und kurzen Hosen laufe ich zum Frühstück ins Restaurant. Der Blick in die Bucht ist auch hier fantastisch. Ich bestelle ein „großes Frühstück“. Es stellt sich heraus, dass das locker für zwei Personen ausreicht. Joghurt, Croissants, Ananassaft, Tee, frisches Obst, Crêpe – eine ganze Reihe von Leckereien wird auf dem Tisch ausgebreitet.
Mit Jutta, Lars, Tanala, Chrissi, Martin, José und Dimby mache ich einen kleinen Ausflug zu einem nahe gelegenen Wäldchen. Im Hellen sieht der Wald ganz anders aus als in der Nacht. Die Bäume sind relativ niedrig und bieten nur wenig Schatten. Der Boden besteht aus rotem Laterit und heizt sich enorm auf, schon jetzt am Vormittag ist es unglaublich heiß. Die Temperaturen liegen bereits jetzt über 35°C. Bei angenehm feuchten 85% Luftfeuchtigkeit, wie mein neues Thermo- und Hygrometer am Rucksack verrät. Rosa Blüten liegen überall auf dem Boden. Das erste, was wir finden, ist ein relativ frisch platt gefahrenes Furcifer oustaleti. Ich laufe weiter. Ein paar Makis springen durch das Geäst, José entdeckt sie zuerst. Sie sind zwar unglaublich neugierig, was die Menschen da unter ihnen treiben, trauen sich aber dann doch nicht wirklich nahe heran. Aus der Deckung von Ästen und Blättern lugen sie herüber.
Weiter vorne am Weg entdeckt José noch eine junge Langaha madagascariensis. Bis ich dort bin, ist sie allerdings schon wieder im Gebüsch verschwunden. Links des Weges liegt plötzlich eine abgeholzte Ebene mit Baumstümpfen, ein paar Hütten aus Holz und Palmdächern sind zu sehen. Der Boden hier ist fast reiner Sand statt dem allgegenwärtigen Laterit. Wir sind bereits wieder zurück an dem kleinen Dorf, zu dem auch das Hotel gehört.
Den Mittag verbringe ich am Pool. Chillen ist angesagt, für alles andere ist es zu heiß. Martin, Markus und Chrissi haben die Liegen gegenüber belegt, Tanala und ich nehmen die letzten im Schatten gegenüber. Lars und Jutta schauen auch mal vorbei. Die Luft ist unglaublich trocken; das THB verschwindet schneller, als man gucken kann. In den Palmblattdächern der Sonnenschirme flitzt ein Phelsuma kochi herum.
Plötzlich läuft neben den Sonnenliegen etwas durch den Sand… ein riesiges Chamäleon. Ich flitze mit der Kamera – ja, ich habe meinen Fotorucksack auch am Pool dabei – rüber und verbrenne mir fast die Füße am heißen Sand. Lars hilft beim Fotografieren. Das Furcifer oustaleti hat tolle orangefarbene Füße und Hände und eine beeindruckende Größe, ist aber nicht besonders angetan von Fotos. Plötzlich brennt es an meinen Füßen. Als ich herunter schaue, entdecke ich einen Haufen Termiten, die wild über meine Füße krabbeln und unangenehm brennende Bisse verursachen. Ich stehe offenbar mitten in einem Termitennest. Die Füße möchten im Pool gekühlt werden.
Am Nachmittag ist es noch einmal Zeit für Trockenwald und Furcifer angeli. Tanala lädt zu einer Fotosession, inklusive Verwendung mehrerer Blitzgeräte. Das will allerdings gelernt sein, wie ich schnell feststelle. Zwei adulte Männchen und ein Weibchen haben wir gefunden – das Wäldchen ist trotz seiner nicht besonders großzügigen Größe Lebensraum für diese wunderschönen Tiere. Wobei, farblich gefallen mir die Chamäleons so lala. Die Männchen sind schmutzig orange, das Weibchen sieht aus wie ein niedliches Pantherchamäleon mit mehr Nasenfortsatz. Die Männchen haben aber mehr zu bieten: Sobald sie einander sehen, zeigen sie beeindruckend schöne, knallige Neonfarben. Okay, das ist schon schön. Und die Nasenfortsätze sind wirklich beeindruckend – jeder sieht anders aus.
Als es gen Sonnenuntergang geht, steht die Luft. Hunderte von Libellen fliegen vor unserem Bungalow, auf dessen Terrasse wir es uns inzwischen gemütlich gemacht haben, auf und ab. Ich schwitze wie irre. Drei Schwarzkopfmakis schauen neugierig vorbei und balaniceren über das Geländer bis zur unbesetzten Cocktailbar. Wider Erwarten gibt es auf unserer Terrasse aber kein Obst und so trollen sie sich wieder von dannen.
Zum Abendessen treffen sich alle im Restaurant. Schon beim Bestellen läuft der Schweiß, es geht immer noch kein Lüftchen. In der Ferne kann ich Wetterleuchten sehen. Wieder scheint ein riesiger Mond am Himmel. Diesmal kommt kein Regen. Das leckere Essen entschädigt für die Hitze: Langusten an Kartoffelpüree. Es gibt sogar Windbeutel, mit Eis gefüllt, zum Nachtisch.
Später am Abend laufe ich noch eine Runde Richtung Wald, um noch einmal Tiere zu suchen. Philipp, Lars und Frank wollen noch etwas weiter am Ufer des Meeres entlang laufen, es soll dort einen kleinen Galeriewald mit Brookesia decaryi geben. Ganz so weit will ich nicht laufen, aber zumindest noch eine kleine Nachtrunde drehen. Ich finde schon nach kurzer Zeit ein sehr großes Furcifer angeli-Männchen hoch oben auf einem Ast. Seine riesige Nase verrät die Art. Ein kleineres Jungtier sitzt auf Kopfhöhe und diverse Furcifer oustaleti Jungtiere finden sich ebenfalls hier da und da. Ein Mausmaki springt durch die Äste, hält kurz an, schaut zu mir und springt dann davon. Der Ausflug währt nicht lange. Meine Stirnlampe ist schon wieder leer und fängt hektisch an zu blinken. Bevor ich im Stockfinsteren zurück laufen muss, drehe ich um und folge dem schmalen Sandpfad zurück in Richtung des Hotels. Die Stirnlampe erlischt fünfzig Meter vor dem Bungalow.