Um halb Sechs bin ich fertig. Meinen Koffer fahre ich zur Rezeptionshütte hinter dem Garten, er wird hier bleiben. Unsere Reissäcke schleppen Tanala und ich vor die Garagen. Dort wartet schon der weiße Nissan Hardbody Truck von Bruno. Gestern wurde während des Einkaufens bei Ansicht des überladenen Clios überlegt, ob unser Taxibrousse-ähnlicher Bus tatsächlich die doch nicht unerhebliche Menge Getränke und das Gepäck von elf Personen zusätzlich zu uns selbst schaffen kann. Bruno bot daraufhin an, uns mit seinem privaten Wagen auszuhelfen. Und das macht er jetzt. Die Getränke-Reissäcke landen auf der Ladefläche des Nissan. Mosesy ist da. Sein Gehstock scheint heute nicht so notwendig wie bisher. Er überwacht die Beladung des Bus und des Nissan, delegiert Reissäcke hierhin und Taschen dorthin. Als Mosesy zufrieden ist, kann es losgehen. Mosesy klettert trotz seiner halbseitigen Lähmung in den Bus und möchte keine Hilfe dabei, er kann das selbst.
Der weiße Bus mit dem Riss in der Windschutzscheibe biegt auf die Hauptstraße von Sambava und folgt dieser immer weiter geradeaus. Es geht raus aus der Stadt und entlang grüner Reisfelder, Palmen und sanfter Hügel immer weiter in Richtung eines anfangs fern erscheinenden Gebirges. Überall sind Schulkinder mit ihren hellblauen Hemden unterwegs, die meisten barfuß. Hinten im Bus palavert Mosesy ohne Punkt und Komma. Es ist schön, ihm dabei zuzuhören. Frank nutzt die Gelegenheit, nach allen möglichen Vorkommen diverser Tiere zu fragen – zu allem gibt Mosesy bereitwillig Auskunft. Wo es hier Tomatenfrösche gibt, beschreibt er detailliert mit Anfahrtsroute. Und von einem See bei Anilaka erzählt er, in dem Kinder mit Krokodilen schwimmen. Derweil wird die Landschaft etwas hügeliger, Marojejy ist deutlich näher gerückt. Es geht durch einige Dörfer, deren Häuser mit den vielen Brettern an Saloons in alten Westernfilmen erinnern. Von Schalten hält unser Fahrer übrigens nicht sehr viel. An jedem Hügel wird der Bus so lange laufen gelassen, bis wir im Schritttempo einher kriechen. Schließlich erreichen wir die langgezogene Kurve vor dem Park Office. Hier gibt es einen Aussichtspunkt, von dem man einen tollen Blick auf Marojejy hat. Wir halten an. Aussicht ist eher wenig, sie ist völlig zugewuchert in den letzten zwei Jahren ohne Besucher. Foto geht nur, wenn man die Kamera an einem Selfiestick über das Gebüsch schiebt. Wir machen Fotos mit Mosesy, der sich sichtlich darüber freut.
Schließlich biegen wir links ein auf die Wiese vor dem Park Office. Es sieht noch genauso aus wie vor sieben Jahren. Rund 50 Männer warten vor und neben dem Gebäude des Park Office. Mosesy wird von fasst jedem per Handschlag begrüßt. Und plötzlich scheint sein Gehstock kaum noch notwendig. So behände, wie man mit einseitiger Lähmung sein kann, bewegt er sich zu den Männern vor dem Office und beginnt direkt mit der Organisation und Delegation von Aufgaben. Gepäck wird abgeladen und auf der Wiese verteilt, aus einer Liste werden Träger und Kochhelfer ausgewählt. Endlich wird Mosesy „wieder gebraucht“ – er blüht richtig auf und genießt es, endlich wieder „seinen alten Job“ zu machen. Coco, unser zweiter Guide, stellt sich vor.
Der sehr junge Angestellte von Madagascar National Parks (MNP) trägt passenderweise ein Fußballtrikot der deutschen Nationalmannschaft. Das macht ihn auf den ersten Blick sympathisch, hilft seiner Unfähigkeit aber wenig. Er muss erstmal telefonieren. Denn als MNP-Office-Chef kann man natürlich nicht wissen, was so ein Ticket hier im Park eigentlich kostet… und so dauert schon die Bezahlung der Eintrittsgelder seine Zeit. Eine Preissteigerung von 250 % zu 2015 wird übrigens völlig emotionslos jetzt erst mitgeteilt. Läuft unter: Isso. Coco und Desirée klären mit Mosesy, wen wir als Spotter für die Seidensifakas mitnehmen. Laut MNP soll Fabien mitgehen. Nestor, der natürlich auch schon herumwuselt und den wir gut kennen, darf nicht. Sagt MNP. Festes Rotationssystem, keine Sonderwünsche, bliblablub. Mosesy sagt aber etwas anderes: „Nestor, du gehst einfach schon mal nach Mandena. Und dann kommst du später nach. Der Junge hier merkt das eh nicht.“ Nestor verlässt also das Office – offiziell, um nach Hause zu gehen. Weniger offiziell, um einfach weiter bis in den Nationalpark zu laufen. Und so werden wir wohl zwei Seidensifaka-Spotter haben.
Rund eine Stunde dauert es, bis die wichtigsten Dinge geklärt sind. Frank ist bereits auf der Suche nach Fröschen im Gras, der Rest der Gruppe steht und sitzt etwas nervös herum. Schließlich werden Männer von einer Liste aufgerufen und ein kleiner Trupp setzt sich in Richtung Manantenina in Bewegung. Offenbar sind das unsere Rucksackträger, die schon mal vorlaufen. Vorlaufen? Coco erklärt, dass die Straße bis Mandena „ganz gut“ sei und man mit dem Bus bis Mandena fahren könne. Oha! Das wäre ja fantastisch. Allein, mir fehlt der Glaube…
Es ist Zeit, sich von Mosesy zu verabschieden. Er kann nicht mit in den Regenwald kommen. Die Träger für Getränke, Essen, Zelte und Gepäck kommen nach. Sie werden uns erfahrungsgemäß eh überholen. Mosesy drückt mich und sagt „Jetzt kann ich gut schlafen. Jetzt wird alles gut gehen! Ich habe dafür gesorgt.“ Ich bedanke mich und schon wieder stehen die Tränen in den Augen. Es ist ein anderer Abschied als der vor sieben Jahren.
Dann geht es los. Wir steigen tatsächlich in den weißen Bus. Er rumpelt von der asphaltierten Straße auf den Lateritweg durch Mandena. Tatsächlich ist die Straße gar nicht sooo schlimm. Zwei Stellen sind enorm rumpelig, und alle dürfen einmal aussteigen, damit der Bus darüber kommt. Der Busfahrer ist enorm ambitioniert – in Deutschland würde den Weg niemand fahren. Schließlich fragt Bruno, ob wir nicht einfach lieber in seinem Nissan mitfahren wollen. Innen ist aber kein Platz mehr. Also steigen wir kurzerhand auf die Ladefläche, klammern uns am Dach fest und fahren mit bester Aussicht bis nach Mandena. Langsam ziehen Reisfelder und sanfte, grüne Hügel an uns vorbei. Einen spiegelglatt dahinfließenden, wunderschönen Fluss überqueren wir auf einer Betonbrücke – die war 2014 kaputt, erinnere ich mich. Einzelne Zebus grasen am Wegesrand, wir begegnen nur wenigen Menschen.
In Mandena parkt Bruno auf einer Kreuzung unter großen Bäumen. Holzhütten stehen drumherum. Die Gruppe von Trägern wartet bereits auf uns. Mit Coco, der die Zuteilung der Rucksackträger übernimmt. Mein Rucksackträger heißt Elioda. Er ist sehr klein und sehr schmal. Und die Fotorucksäcke sind offenbar alle schwerer als gedacht. Ich helfe Elioda beim Anpassen der Rucksackgurte. Der Hüftgurt, der bei mir seitlich auf der Hüfte liegt, stößt bei ihm in der Mitte zusammen und trotzdem ist noch Platz darunter. Lassen wir das einfach mal so stehen.
Und dann laufen wir. Coco geht vor. Er führt uns auf einen schmalen Lateritweg, der an unendlich vielen, leuchtend grünen Reisfeldern entlang führt. Es ist unglaublich warm und feucht, trotz der frühen Tageszeit und des bedeckten Himmels. Ich quere größere und kleinere Brücken. Hier und da spendet ein Mangobaum mal Schatten. Bereits bei der ersten Pause sind alle nassgeschwitzt. Die ersten Träger kommen bereits angelaufen, sie haben uns schon eingeholt. Wir folgen dem Pfad zwischen Hügeln hindurch immer weiter und weiter. Am Fluss geht Coco mit zwei Rucksackträgern vor und weist den Weg von Stein zu Stein. Eine Schildechse sonnt auf einem der Steine und huscht davon, als wir uns daran machen, den Fluss zu überqueren. Dahinter führt der Lateritpfad nach oben – und ab jetzt geht es eigentlich nur noch nach oben, mal mehr, mal weniger steil. Coco weist ab und an auf juvenile Pantherchamäleons hin, die ich standhaft nicht fotografiere. Drei sind es allein direkt am Wegesrand. An einer Vanilleplantage vorbei erreiche ich endlich das Schild, das den Eingang des Nationalparks markiert. Inmitten hüfthohen Grases steht die altbekannte Hütte des Parkeingangs.
Pause. Ich sitze, schwitze und atme. Jutta verteilt Kekse, ich leere meine Chily Bottle. Dimby kommt angelaufen und zeigt Markus und Frank auf seinem Handy ein Foto eines Taggeckos, den er eben in der Vanille entdeckt hat. Phelsuma masohoala! Sofort flitzen Markus und Frank den Weg zurück, um die begehrten Taggeckos abzulichten. So schnell hatte dann doch keiner mit dem Fund gerechnet. Gegenüber der Hütte zeigt Desirée auf ein adultes Pantherchamäleon-Männchen, das in einer breiten Astgabel sitzt. Für ein Foto reicht die Zeit – ich laufe in das hohe Gras und schrecke dabei noch eine kleine Mantide auf. Ein paar Träger überholen uns, nachdem sie sich am Parkeingang ihrer Flip-Flops entledigt haben. Einige tragen einfach so Reissäcke auf dem Kopf, andere tragen gleich mehrere Säcke an Bambusstangen, die sie über die Schultern gelegt haben. Puh, ich trage hier schon genug an mir selbst.
Im Wald und damit im Schatten der Bäume ist es direkt ein paar Grad kühler. Und feuchter. Die Geräuschkulisse ändert sich schlagartig. Zikaden sirren – einige so laut wie Kreissägen – Grillen zirpen, Frösche rufen. Der Pfad ist schmaler und matschiger, ein paar kleine Bäche laufen quer darüber. Trotzdem läuft es sich erstmal angenehmer als auf dem roten Laterit in der Sonne. Der Boden federt bei jedem Schritt und noch ist die Steigung sehr moderat. Obwohl es schon jetzt – in Maßen – anstrengend ist, ist der Regenwald auch wunderschön. Die vielen Farne am Wegrand schimmern bläulich. Dazwischen finden sich viele, viele Tausendfüßler. Hier ein kleiner, dort ein großer, da noch ein großer Tausendfüßler.
Irgendwo kurz hinter dem Parkeingang entdeckt Coco einen Helmvanga, wodurch die Gruppe kurz rastet. Ich sehe den Vogel nicht. Frank auch nicht, aber der findet beim Herumschauen am Wegrand prompt eine Schlange und ist ganz aus dem Häuschen – ist das vielleicht die schon ewig gesuchte Ithycyphus blancii, die seit Dutzenden von Jahren nicht mehr wiedergefunden wurde? Spoiler: Sie ist es leider nicht. Ich laufe weiter. Der Weg wird stellenweise steiler, aber dazwischen liegen immer wieder flachere Abschnitte, auf denen ich verschnaufen kann. Ein weibliches Pantherchamäleon hängt an einer Liane in einer Wegkurve. Ein Schnappschuss mit dem Handy muss reichen. Der Schweiß läuft inzwischen den Rücken herunter und tropft von der Nase. Unendlich viele kleine Bäche kreuzen den Weg. Manche sind kaum mehr als Rinnsale und sorgen nur für matschige Stellen, in anderen springt man von Stein zu Stein. Die Rucksackträger und Guides bieten immer eine helfende Hand für die etwas ungelenken Vazaha, die irgendwie mehr stolpern als laufen. Jedenfalls muss das aus Sicht der Madagassen so aussehen, die völlig entspannt – aber immerhin auch schwitzend – einher schlendern.
Als der Regenwald in Bambushaine übergeht, sind wir unter Camp 1. Gefühlt quasi schon dort. Viele Stellen des Weges erkenne ich wieder – hier die Aussicht über eine bestimmte Weggkurve, dort ein großer Fels. Aber dann gibt es einige Stellen, die mir völlig neu und unbekannt vorkommen. Tatsächlich stellt sich heraus, dass der Weg sich in den letzten Jahren um ein Vielfaches verlängert hat. Coco erklärt auch, wieso: Stürzt ein Baum auf den Weg, kann er nur mit der Machete bearbeitet werden. Andere Werkzeuge gibt es hier einfach nicht. Ist der Baum zu wuchtig, wird ein neuer Weg drum herum gesucht. So verlängert sich der Weg zu den Camps jedes Jahr um einige hundert Meter. Zum Glück weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass es inzwischen geschlagene 20 km zu Camp 2 sind… Auf dem Schild am Park Office steht noch 11,9 km.
Als der Bambus gar nicht enden will, erreiche ich die Kurve direkt vor Camp Mantella. Zwei Bambuslemuren springen plötzlich rechts an mir vorbei. Ich bleibe stehen, dann laufe ich vorsichtig und leise weiter. Direkt in der Kurve sitzt einer der beiden Bambuslemuren kurz über Kopfhöhe mir direkt gegenüber. Einige Sekunden starren wir uns an – dann ist der Augenblick schon vorbei. Die anderen nähern sich, der Bambuslemur springt davon. Von vorne kommt ebenfalls eine ganze Gruppe Männer – es sind die Träger, die schon alles in Camp Marojejya abgeladen haben und sich schon wieder auf dem Rückweg befinden.
Ich folge den Stufen nach unten zu Camp Mantella für eine verdiente Rast. Die im letzten Jahr renovierte Gemeinschaftshütte hat nun einen betonierten Boden und ein stabiles Wellblechdach. Etwas schockiert bin ich allerdings vom Zustand der Hütten – mehrere Zyklone haben sie in einem grauenhaften Zustand hinterlassen. Die grünen Planen hängen zerstört von den nur noch teilweise stehenden Holzgerüsten. Hat nicht Lemur Conservation Foundation hier neue Hütten gebaut? Tatsächlich sind Männer und Frauen in Camp Mantella geschäftig dabei, die kaputten Hütten abzubauen. Die neu erbauten, stabileren Holzhütten stehen auf der Rückseite des Bambushains, außer Sichtweite der großen Gemeinschaftshütte.
Ich setze mich in der Hütte auf eine schmale Bank an einen Tisch. Chrissi, Tanala, Markus und Jutta sind ebenfalls schon da. Unser Mittagessen, von Bruno heute morgen ordentlich in kleine Styropor-Schachteln verpackt, steht schon auf dem Tisch. Es gibt Reis mit Gemüse und Huhn. Ich zwinge mich, zumindest einen kleinen Teil zu essen. Eigentlich habe ich gar keinen Hunger. Aber ohne Essen schafft man es hier nicht gut zu Camp Marojejya, also muss ein bisschen was rein. Leider ist mein Wasser schon alle – irgendwie habe ich mal wieder die Wassermengen unterschätzt, die man auf dem Weg hier trinkt. Der Koch, der eigentlich gerade Essen für die Handwerker im Camp Mantella bereitet, macht uns Ranoapango – warmes Reiswasser. Selbst das schmeckt jetzt gar nicht schlecht. In der Ferne grollt ein Gewitter, das in Minuten näher kommt. Ein kurzer Regenschutt, dann verzieht sich das Donnergrollen.
Als wir uns zu Camp Marojejyia aufmachen, ist es schon später Nachmittag. Martin und Marko werden wohl in Camp Mantella übernachten und morgen nachkommen. Wir schicken ihnen mit hilfsbereiten Madagassen etwas Essen den Weg nach unten zur Stärkung. Hinter Camp Mantella ist der Weg zunächst noch recht nett. Gut anderthalb Kilometer vor Camp Marojejya kommt dann der „nicht so nette“ Teil. Und der wird dann wirklich nochmal hart nach vielen Stunden des Laufens. Steile, wurzelbepackte Wegstücke, Stufen höher als meine Knie, Wurzeln und noch mehr Wurzeln, Felsen und ein rutschiger Pfad… meine Füße wollen zwar noch laufen, aber meine Energiereserven sind aufgebraucht. Auf dem letzten Kilometer muss ich alle hundert Meter kurz anhalten und mich an einen Baum lehnen, um zu verschnaufen. Atmen. Laufen. Atmen. Laufen. Noch ein Baumstamm, der mitten im Weg liegt. Ich bin zu klein (und zu ungeschickt), wie Coco einfach mit beiden Füßen darauf zu springen, deshalb rutsche ich mit dem Hintern längs darüber. Der Schweiß tropft ununterbrochen, die Wasserflasche ist schon wieder leer. Die altbekannte Felsplatte mit der blauen Wäscheleine will noch heraufgeklettert werden. Danach ein Labyrinth von dicken Wurzeln. Kennst du diese Sportübung, bei der man von Autoreifen zu Autoreifen springt? Genau so komme ich mir vor. Nur bin ich gefühlt schon zehn Runden gelaufen. Aber an der Felsplatte erfasst mich ein Hauch von Motivation – jetzt ist es wirklich nicht mehr weit.
Tatsächlich liegt kurz dahinter die Betontreppe. Die mit den Nicht-EU-Norm-Stufen. Aber das ist egal, auch zu große Stufen gehen besser als das Wurzelgewirr, noch mehr Baumstämme und noch mehr Felsen. Dann geht es noch eine kleine Steigung hoch. Endlich trete ich aus mannshohem Gras heraus und sehe rechts auf die Felsen des Wasserfalls unter Camp Marojejya. Ich bin da!
Vor der zweiten Hütte lasse ich mich auf eine Bank fallen und bleibe erstmal sitzen. Der Tag war wirklich anstrengend. Aber insgesamt hat sich das Training im Vorfeld definitiv gelohnt. Ganz so fertig wie 2014 bin ich nicht. Ich sitze immer noch auf der Bank, als Lars angelaufen kommt. Er dürfte sich ziemlich beeilt haben, denn er war sehr weit hinten im Feld und kam weit nach uns ins Camp Mantella.
Ich schleiche die nagelneuen Betonstufen – wow – zur neuen Gemeinschaftshütte nach oben. Nix wackelige Steine und genickbruchtaugliche Geländer – LCF hat hier ganze Arbeit gearbeitet. Eine großzügige Essenshütte mit extra Kochbereich links davon ist am Felshang entstanden. Nichts ist mehr übrig von der alten, halbverfallenen Holzhütte mit der grünen Dachplane. Die neue Hütte hat ein Betonfundament und ein Wellblechdach. Als es dunkel wird, sitze ich zusammen mit den anderen am Tisch und warte aufs Abendessen. Dolphe und Primo waren deutlich früher im Camp als wir und tischen leckeres Fleisch in Olivenöl auf, dazu Reis und einen Gurkensalat mit Avocado, Tomate und etwas Dosenfisch obendrauf. Diverse GPS-Daten werden verglichen. Im Schnitt sollen es gut 16 km gewesen sein, die wir heute gelaufen sind. Zusätzliche vier Kilometer durften wir zum Glück mit Bus und Auto fahren, das war wirklich eine gute Sache.
Tanalas und mein Zelt steht vor einer der Hütten nahe der alten Toilette. Die steht zwar noch, ist aber ziemlich verfallen. Links davon, direkt hinter der Hütte, vor der unser Zelt steht, ist ein neues Toilettenhäuschen gebaut worden. Ein richtig schickes, links mit Klo, rechts mit Dusche. Und der Standort hinter einer Hütte – so viel Auswahl hat man übrigens an den Steilhängen auch nicht – hat einen entscheidenden Vorteil: Man kann problemlos die Tür offen lassen, sieht eh keiner.
Desirée will unbedingt noch ein Brookesia griveaudi zeigen, was er am Aufgang zur Gemeinschaftshütte entdeckt hat. Außerdem hat er ein Uroplatus lineatus Männchen gefunden, das eigentlich einiger Fotos bedürfte. Ich bin zu müde. Wir merken uns den Ort, wo es sitzt, und hoffen, den großen Gecko unweit davon morgen wiederzufinden. Müde, aber glücklich, falle ich im Zelt auf meine Luftmatratze. Ich bin wieder in Marojejy. Ganz echt.