Es geht früh los heute Morgen. Die Porteure tragen bereits fleißig Koffer und Reisetaschen den Hügel nach unten vor die Veranda des Hotels. Ich trage nur mich selbst. Reicht aber schon. Das Huhn am Stock ist verschwunden, vermutlich ist es in irgendeinem Kochtopf gelandet.
Christian und Rapha beladen den Bus. Winkend verabschieden wir uns von den Hotelangestellten. Gemütlich geht es die vielen Kurven aus dem Tal von Ranomafana heraus. An einem schönen Aussichtspunkt, an dem man einen besonders guten Blick auf den großen Wasserfall hat, halten wir an. Die Sonne kommt raus und wirft ihre Strahlen auf das sprühende Wasser, das sprudelnd und gurgelnd in die Tiefe stürzt. Das Wetter verspricht toll zu werden, ein blauer Himmel spannt sich über den Regenwald.
An der zerstörten Brücke halten wir wie auf dem Hinweg wieder an. Es ist allerdings bereits Mittag und dadurch sehr heiß geworden. Entsprechend sind keine Teppichchamäleons mehr zu finden, sie haben sich längst in die Tiefen der Büsche zurückgezogen. Ich nutze dafür in der Nähe das Freilichtklo mit Aussicht auf leuchtende Reisfelder. Die Sonne steht hoch am Himmel und nur wenige kleine, weiße, Wattewolken ziehen über das strahlende Blau.
Irgendwo im Hochland halten wir nochmal an. Jutta, Lars und Anna hatten dank ihrer verspäteten Flüge nicht das Glück gehabt, den beiden wunderschönen Furcifer minor zu begegnen, die wir auf dem Hinweg gefunden hatten. Leider ist es heute auch für sie zu heiß. Es hat über 30°C und die Hitze brütet zwischen den Felsen und dem dichten Gebüsch. Ich schieße ein paar 360°-Bilder in Mitten der Vegetation. Im Betongraben neben der Straße laufe ich zurück zu dem kleinen Waldstück, in dem Christian, Dimby, Fitah und José sowie Rapha durchs Geäst stiefeln, um vielleicht doch noch ein kleines Hochlandjuwel zu entdecken. Fast laufe ich direkt in ein riesiges Spinnenetz einer Argiope coquereli, das quer über den Graben gespannt ist. Vielleicht läuft es sich auf der Straße ja doch besser?
Lars hat inzwischen doch noch wenigstens ein buntes Teppichchamäleon entdeckt. Und wer nicht fotografieren will, kann bei ein paar Frauen und Kindern am Straßenrand noch Obst einkaufen. Ich kaufe für umgerechnet ein paar Cent eine riesige Tüte voller frisch gepflückte Physalis. Die schmecken hier übrigens nicht sauer und trocken wie zu Hause, sondern saftig und relativ süß.
Nach Mittag biegen wir in Ambositra zum L’Artisan ein, und ich bin ausnahmsweise mehr als froh, dass wir eine längere Pause zum Mittagessen machen. Mein Schädel brummt und mir ist viel zu heiß, dazu bin ich furchtbar müde. Nach einer großen Flasche Cola und ein paar wenigen Kartoffelecken geht es mir besser.
Nach dem Mittagessen schauen wir noch in der Holzwerkstatt vorbei. Ich erstehe fünf kleine, wunderhübsche, schwarze Figuren und ein wenig Geschirr. Muss ja auch mal was Nützliches dabei sein, außerdem gab es ja Bestellungen von daheim. Vor der Tür bieten uns diverse Frauen Schals an, und ein türkisgrüner erregt meine Aufmerksamkeit. Ich rieche daran, um zu testen, ob es sich wirklich um wilde Seite (also der von Seidenraupen-Kokons) handelt, und damit ist schon klar: Kaufen ist angesagt. Aber nachdem die Frauen einige hübsche Farben hervorzaubern, kann ich mich nach etwas Handeln mit 110.000 Ariary für drei Schals anfreunden. Bei dem aktuellen Kurs sind das keine 10 € pro Schal. Und die Schalsammlung zu Hause ist seit Jahren nicht mehr aufgestockt worden!
Wir tanken noch in Ambositra. Und plötzlich tauchen weitere Frauen auf, die mir haargenau die gleichen Figuren anbieten wie im Laden, nur größer. Ob es hier irgendeinen ominösen Rundruf gibt, der mitteilt, wo man was kauft, damit die fliegenden Verkäufer immer genau das Richtige anbieten?
Wir gelangen zurück zu den altbekannten Reisfeldern, die wunderschön in der Sonne leuchten. Wir halten in der Abendsonne mehrfach an, um noch einige Schnappschüsse der Reisterassen zu schießen. Gerade kommen auch viele Schüler nach Hause. In ihren hellblauen, uniformähnlichen Röcken und Hosen laufen sie am Straßenrand nach Hause, manche in Sandalen, die meisten aber barfuß oder in Flip-Flops. Einige haben Taschen oder kleine Rucksäcke dabei, manche nur ein einziges Heft. Der Himmel zieht sich langsam zu, Wolken verhängen den zuvor noch strahlend blauen Himmel. Es beginnt zu regnen, und Christian schaltet die Scheibenwischer an. So schnell, wie der Schutt kam, vergeht er jedoch wieder. Als wir in Antsirabe ankommen, glüht der Himmel in Tausenden von Farben. Von Tiefrot über Orange, Gelb und Lilatönen ist alles dabei – ein echtes Zauberwerk der Natur.
Zum Abendessen geht es zu einem Grill einige Straßen weiter. Ich bleibe im Hotel, denn ich habe die Nacht zuvor so gut wie nicht geschlafen und bin echt platt. Dazu kündigt sich eine Erkältung an, also gedenke ich, mich mal richtig auszuschlafen. Keine 15 Minuten, nachdem Tanala mit den anderen losgefahren ist, klopft es an der Tür. Fitah bringt mir noch Getränke und ein paar Kekse vorbei – ok, wäre gar nicht nötig gewesen, ist aber süß.
Danach verbringe ich eine ganze Weile damit, der Akustik der papierdünnen Wände des Hotels zu lauschen. Man hört wirklich jeden Pieps. Erst ein französisches Pärchen, dass sich um einen Koffer streitet – wo es interessant wird, hören leider meine Französischkenntnisse auf, aber ich höre einige Schimpfwörter heraus -, später eine Gruppe Madagassen, die sich lautstark im Hof unterhalten. Außerdem fährt irgendwer mit einem gefühlt recht großem Auto in den Hof und lässt gute 20 Minuten ständig den Motor aufheulen, fährt aber weder weg noch anscheinend sonst besonders weit. Anscheinend kann er nicht einparken. Christian ist das jedenfalls nicht, der parkt in weniger als drei Minuten mit dem Riesenbus ein. Irgendwann schlafe ich doch noch ein.