Das Frühstück nehmen wir heute bei Mamie ein. Gestern sind wir von Ankarafantsika nach Antsohihy gefahren, und eigentlich habe ich den ganzen Tag geschlafen. Abendessen gab es dann bei Mamie, einem kleinen Restaurant am Ortseingang von Antsohihy, und da sind wir auch jetzt schon wieder. Es gibt Baguette mit Omelettes, die Madagassen nehmen lieber Reissuppe mit Zebuspießen. Der Vasa-Papagei vom letzten Jahr scheint übrigens entweder verstorben oder entflohen zu sein. Jedenfalls ist der Käfig, in dem er saß, weg. Stattdessen springt jetzt eine sehr anhängliche Hündin unter dem Vordach zwischen Tischen und Stühlen umher. Sie wirft sich schon auf den Boden, sobald man sich umdreht, und genießt sichtlich das viele Bauchkraulen.
Als wir auf dem gekiesten Parkplatz zu den Autos gehen, entdeckt José noch ein Furcifer oustaleti in einer Palme direkt vor dem Ausgang. Nach ein paar Schnappschüssen verlassen wir Mamies Restaurant. Die RN6 hat uns wieder. Wir kurven durch Antsohihy, und tanken noch schnell am Ende der Stadt. Der Himmel ist wolkenverhangen und trotzdem ist es schon sehr warm. Schwüle Luft verspricht einen verschwitzten Tag. Gestern war es bereits ursauheiß.
Wir fahren durch savannenähnliche Landschaften, die momentan zur Regenzeit noch grün wirken. Kleine Zebuherden grasen hier und dort. Überall leuchtet der orangerote Boden Madagaskars hervor. Trotz der einzelnen Bäume und vieler Büsche wirkt die Landschaft eher karg. Bei einer Pipipause findet sich ein weibliches, knallrosa gefärbtes Furcifer viridis im hüfthohen Gras.
Wir überqueren einige kleine Brücken. Irgendjemand kam offenbar auf die glorreiche Idee, vor allen Brücken eine Vielzahl kleiner und großer Bodenschwellen zu installieren. Die Taxibrousse, wie immer völlig überladen, rostig und altersschwach, lassen sich davon in keinster Weise beeindrucken und rasen ungebremst rumpelnd darüber. Wir nicht. Wir bremsen jedes Mal runter. Hoppelhoppelhoppel… Brücke…. Hoppelhoppelhoppel. Als hätten die Straßen hier nicht schon genug Dellen und Löcher. So langsam brauen sich Gewitterwolken in der Ferne zusammen. Das Klima entwickelt sich langsam, aber sicher in Richtung Dampfsauna. Wir nähern uns Ankaramibe, wo das Verbreitungsgebiet der Panterchamäleons im Westen Madagaskars beginnt. Die Landschaft wird hügelig und üppiger, auch wenn alles nur Sekundärvegetation ist.
Endlich erreichen wir Ankaramibe. Die Stadt ist größer, als sie auf den ersten Blick aussieht. Am Straßenrand liegen verstreut Häuser und Hütten. In wenigen Minuten ist man auf der RN6 durch gerauscht, aber wir wollen hier nach Pantherchamäleons suchen. Also biegen wir in einen kleinen Schotterweg ab und parken unter einem großen Mangobaum. Ich öffne die Autotür und strecke meine nackten Füße auf den Boden. Es ist schwülwarm, ich schwitze schon vom Rumstehen. Das erste, was die Jungs finden, ist ein weiteres Furcifer viridis. Dieses allerdings mit weniger Rosa und mehr Grün als das von heute Morgen. Nach und nach tauchen hier und da weitere Chamäleons auf. Fast alles sind es Jungtiere. Später erfahren wir, dass erst vor Kurzem Tierfänger hier waren und für Exporte Chamäleons abgesammelt haben. Daher also die geringe Dichte adulter Tiere.
Eric hat ein besonders niedliches, winziges, orange gefärbtes Pantherchamäleonbaby entdeckt. Es hat drei winzige türkise Tupfen auf der Wange, und schon eine ganz kleine Stupsnase. Ob das wohl mal ein Männchen werden will? Eine Schlange, die im Gras entlang gleitet, interessiert heute niemanden.
Schließlich findet sich doch noch wenigstens ein ausgefärbtes Männchen. Es ist zwar klein und offenbar noch jung, aber zeigt schon tolle rostrote Farben. Es posiert ausgiebig direkt vor meinem Objektiv, bis ich merke, dass das Posieren und Aufplustern gar nicht meiner Kamera gilt, sondern einem Pantherchamäleonweibchen fünf Meter hinter mir. Die ist allerdings gut doppelt so groß wie das Männchen und sichtbar unbeeindruckt von seiner Balz. Naja, zumindest ist er sehr ambitioniert, der Gute.
Unterwegs nach Djangoa kommen uns viele Taxibrousse entgegen. Die meisten fahren gelbe Kanister umher – je nach Bedarf können sie mit essbarem Öl oder weniger genießbarem Benzin gefüllt sein. Doppelnutzung sozusagen. Die Straße wird inzwischen zunehmend schlechter. Teils wechselt roter Laterit sich mit Asphaltresten, dann wieder gibt es einige Kilometer einigermaßen intakten Asphalt.
Zwischen Berambo und Djangoa finden wir einige tolle Furcifer pardalis-Männchen mit leuchtenden Farben. Und zwei enorm große Weibchen der beiden Art, die eine knallorange, die andere schwarz-rosa. Die Begeisterung für Pantherchamäleons hat längst auf alle übergegriffen. Überall klicken die Kamera-Auslöser. Als es zu nieseln beginnt, fahren wir weiter.
Schließlich erreichen wir die Kaffee- und Kakaoplantagen vor Ambanja. Mika entdeckt ein besonders schönes Pantherchamäleon auf einem niedrigen Baum. Der kleine Kerl hat eine tief rote Bänderung auf türkisblaugrünem Grund. Ein echter Hingucker, und dazu noch recht nett im Handling. Wir finden ein etwas weniger farbenfrohes, aber nicht weniger hübsches zweites Männchen nur zwanzig Meter weiter. Die „neuen“ sind schwer beeindruckt von den farbenfrohen Tierchen. Ich finde sie jedes Jahr wieder schön, egal wie viele ich schon gesehen habe. Es ist einfach unglaublich, wie farbgewaltig und leuchtend Chamäleons aussehen können.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit biegen wir von Ambanja Richtung Ankify ab. Es geht durch ein paar kleine Dörfer und dann entlang vieler Kilometer Mangroven bis zum Hafen von Ankify. Von dort führt ein Schotterweg, der wieder ein paar mehr Löcher als letztes Jahr hat, zum Hotel Baobab. Tanala und ich haben eines der Bungalows am Strand.
Zum Abendessen treffen sich alle im Restaurant, das sozusagen ein Stockwerk über den Bungalows mitten in der Anlage liegt. Das Restaurant ist nach allen Seiten offen, so dass ein angenehmer Wind geht. Dazu hat man eine grandiose Aussicht auf Nosy Komba. Es gibt gegrillten Fisch, und der ist richtig lecker. Willkommen im Paradies!