Nach einem kleinen Frühstück – für mich nur eine Cola– stehen schon Christian und Rapha bereit. Das Abenteuer geht los, und der lila Hyundai-Bus bewegt sich aus dem engen Tor des Hotels heraus. Der Verkehr von Antananarivo ist wie immer zäh, es ist laut, voll und geht nur langsam voran. Eine Menge Menschen laufen rechts und links der Fahrbahn. Kinder tauchen dazwischen auf, Hunde liegen auf Grünstreifen. Taxi Be und handbetriebene Holzselbstbauten mit Rollen und allerlei Beladung verstopfen die Straße. Noch bevor wir die RN7 überhaupt erreichen, halten wir das erste Mal an: Direkt neben der Straße wird gerade Reis geerntet, und vier Männer schlagen gerade die Reiskörner aus den Ähren. Christian ist kaum ausgestiegen, da findet er schon ein weibliches Furcifer lateralis, das nur einen Meter von der Straße in einem kleinen Gebüsch sitzt. Und dazu gesellen sich nach wenigen Minuten auch zwei kleine, grüne Männchen. Am Rand von Tana! Die Art ist schon enorm anpassungsfähig. Wo das Weibchen hier ihre Eier ablegen will, wüsste ich aber schon gerne.
Irgendwann schaffen wir es doch noch auf die RN7. Das Hochland mit seinen hunderten Reisfeldern und den vielen roten Backsteinhäusern breitet sich links und rechts der kurvigen Straße aus. Überall werden die leuchtend gelben Reisfelder geerntet. Die abgeschnittenen Ähren liegen in Bündeln und Reihen auf den Feldern, und bilden eigentümliche Muster. Der Fluss, der die meiste Zeit in der Nähe der Straße verläuft, ist dieses Jahr nicht besonders hoch und fließt träge vor sich hin. Die Regenzeit war nicht so nass wie im letzten Jahr.
An besonders hübschen Reisfeldern halten wir an, um ein paar Landschaftsaufnahmen zu machen. Ich interessiere mich eher für Teppichchamäleons, und wir haben Glück: An einem Sonnenfleck auf dünnen, hohen Pflanzen direkt über einem Reisfeld sitzt ein kleines Furcifer lateralis-Männchen. Schnell ist auch ein wunderhübsches, buntes Weibchen dazu im Gebüsch gefunden. Ein LKW mit lebendiger Fracht fährt vorbei: Er hat Zebus geladen, die abenteuerlich mit Seilen an Kopf und Schwänzen verschnürt sind. Ab und zu rumpelt ein Taxibrousse mit lautem Hupen vorbei. Auch unser Bus setzt sich wieder in Bewegung.
Gegen Mittag erreichen wir Antsirabe, die Stadt der Edelsteine und der Thermalquellen. Und der Pousse-Pousse. Und des guten Mittagessens. Bei Zandina im Restaurant schieben wir ein paar Tische zusammen, und bestellen Pizzas. Das ist nicht wirklich madagassisch, aber geht zügig und schmeckt. An den Wänden hängen riesige, bunte Gemälde mit madagassischen Alltagsszenen. Man merkt, dass hier wegen der schnellen Küche öfter mal Touristen anhalten. Die Bilder stehen alle zum Verkauf – ich brauche aber gerade keines. Sie sind auch sehr interessant aufgehängt – gerade hängt gar keines und mehrere ragen über Ecken oder Türöffnungen drüber. Draußen fahren unendlich viele Pousse-Pousse vorbei. Die meisten sind inzwischen Cyclopousse, von Fahrrädern gezogene, bunte, hölzerne Rikschas. Die originalen Pousse-Pousse gibt es in Antsirabe aber auch noch, sie werden von meist barfüßigen Männern gezogen.
Hinter Antsirabe wird die Straße etwas löchriger. Hier und da umkurven wir Stellen ohne Asphalt. Vor einer Kurve lässt Christian uns aussteigen und fährt ein Stück weiter, um einen besseren Parkplatz zu suchen. Ich laufe im hohen Gras umher, und stoße prompt auf eine kleine Thamnosophis lateralis. Dimby hat derweil ein weiteres Pärchen Furcifer lateralis entdeckt. Bei den Teppichchamäleons haben wir heute wirklich unverschämtes Glück.
Im Dunkeln erreichen wir Ambositra. Über eine kleine, rumpelige Seitengasse und eine sehr steile Einfahrt geht es zu unserem Hotel. Tanala und ich haben ein Zimmer im ersten Stock über dem Restaurant. Die anderen sind teils nebenan, teils in den großen, reich mit Holzschnitzereien versehenen Bungalows untergebracht. Alle sind begeistert von den hübschen Holzdekoren, die sich auch im Restaurant fortsetzen. Die beiden Musiker sind auch wieder da, und dudeln auf Gitarre und Valiha bekannte Lieder. Man muss sie nur erstmal erkennen!