Southwest 2017

Power Nap

Westliches Hochland
Westliches Hochland

Die Nacht ist grauenvoll. Um ein Uhr nachts gibt es Stromausfall, und der dauert bis morgens an. Ich nehme an, auch hier hat mal wieder Jirama, die staatliche Stromgesellschaft, ihre Finger im Spiel. Der Stromausfall selbst würde mich nicht stören. Aber ich bin aufgewacht, weil mir Schweiß von der Nase tropft. Im Zimmer sind es 34°C, es geht kein Hauch von Luft. Der Ventilator steht, die Fenster sind sperrangelweit offen, aber draußen brütet die Hitze. Irgendwann überlege ich, draußen vor dem Zimmer auf einer der Holzbänke zu schlafen, vielleicht hat es da wenigstens ein oder zwei Grad weniger? Irgendwann schlafe ich kurz ein, um um halb sechs wieder aufzuwachen. Eine halbe Stunde später stehe ich mit fertig gepacktem Gepäck (die Decke vom Hotel ist wieder da, wo sie hin gehört) im Hof des Hotels. Andry packt bereits unseren kleinen Bus.

An der Abzweigung, an der die rote Piste Richtung Kirindy beginnt, gehen wir wieder zum Frühstück in das einbruchgefährdete Steinhaus. Es gibt angebrannte Reiskuchen, und zwei große Baobab-Früchte von einem riesigen Haufen von Früchten auf der anderen Straßenseite. Und Kaffee. 1000 Ariary kostet eine Baobab-Frucht. Wenn man die harte, von einem samtigen Pelz überzogene, braune Schale aufbricht, gelangt man an eine Schaumstoff-ähnliche, gelbliche Masse. Schmeckt wie Tamarinde, und es sind auch jede Menge Kerne drin.

Baobabfrucht

Als alle fertig gegessen haben, brechen wir auf. Andry schlägt mit dem weißen Bus den Weg am Tsiribinha entlang Richtung Miandrivazo ein. Unmengen Kinder sind entlang der Straße unterwegs – es ist Samstag und sie haben schulfrei. Die Hitze ist bereits jetzt in der Frühe mit Händen greifbar. Und die Fahrt zurück ins Hochland zieht sich, auch wenn Andry reichlich zügig fährt. Er scheint früher mal Taxibrousse-Fahrer gewesen zu sein. Zumindest steht sein Fahrstil den Taxibrousse, die wir ab und zu mal überholen, in Nichts nach. Als wir gegen Mittag in Miandrivazo eintreffen, ist die Stadt wieder für mich der Höhepunkt der Hitze. Ich kann es gar nicht oft genug schreiben: Es ist un-glaub-lich heiß. In Miandrivazo geht kein Lufthauch, nicht mal ein einziger Grashalm rührt sich. Alles liegt wie erstarrt unter einer riesigen Hitzeglocke. Nur vom Herumsitzen schwitze ich im Auto schon vor mich hin.

Tsiribinha
Der Tsiribinha nahe Miandrivazo

Nach einer Verschnaufpause mit Mittagessen geht die lange Fahrt weiter. Der Weg führt nun vom Fluss nach oben, bis wir wieder die kahlen Mondlandschaften erreichen, auf denen quasi nichts zu wachsen scheint. Da es die ganze Zeit im Auto heiß und eher langweilig ist, entschließe ich mich für ein Nickerchen im Auto. Neudeutsch Power Nap. Es wird ein sehr langes Power Nap… Meine 360°-Kamera darf derweil eine Power Nap an Marcos Powerbank machen – der Akku war leider in Miandrivazo leer, aber Marco hatte den „Riesenakku“ zum Aufladen dabei. Den anderen geht es ähnlich. Ab und zu schreckt mal jemand vom eigenen lauten Schnarchen hoch.

Am Nachmittag kommen endlich die ersten Ausläufer des Hochlandes in Sicht. Die Temperaturen sinken innerhalb von ein oder zwei Stunden merklich ab. Es wird kühler, fast schon kalt nach den heißen Temperaturen in Miandrivazo. Als wir die ersten Reisfelder erreichen, setzt ein leichter Nieselregen ein.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit treffen wir in Antsirabe ein. Wir sind im gleichen Hotel wie auf dem Hinweg, sogar die gleichen Zimmer haben wir. Ich gehe erstmal unter die Dusche – eine einzige Wohltat nach dem ganzen Tag Schwitzen im Auto. Danach ziehe ich meine neue, relativ dicke, durchstichsichere Trekkinghose an, sie sitzt wie angegossen. Für Kirindy wäre sie eher einem Skianzug gleichgekommen, aber hier im Hochland ist sie perfekt. Wir essen bei Zandina zu Abend, da es dort wie immer zügig geht und keiner mehr Lust auf ewige Warterei nach dem langen Fahrtag hat. Zu Tanalas Glück ist „Pizza naka“ gerade im Angebot, also nach Geschmack zu belegende Pizza. Er sucht statt quattro formaggi lieber quattro carni für seine Pizza nach Wahl aus. Ich beschließe den Tag mit einem Crêpe. Heute sind alle froh, dass es nachts im Hochland angenehm kühl ist – dabei kann man gut schlafen.

Published by Alex

Alex ist 35 Jahre alt, wohnt in der Nähe von Mainz und ist im echten Leben fernab des Urlaubs Tierarzt mit Faible für Reptilien. Sie fotografiert und reist gerne - so entstand auch dieser Blog. Nebenbei hält sie selbst Chamäleons zu Hause, schreibt an wissenschaftlichen Veröffentlichungen, betreibt ein kostenloses OnlineMagazin und erstellt Malbücher für madagassische Kinder.

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